Schuldebatte 2024

Umstrittene Idee: Klassen aus Bremke und Diemarden zum Halbjahr 2025/26 zusammenführen?

In der Schulausschusssitzung am 3.9.2024 präsentierte die Gemeindeverwaltung einen mehr als sportlichen Zeitplan für die Neuordnung der Schullandschaft: Demnach soll der Neubau der Grundschule Diemarden bereits im Herbst 2025 stehen. Schon zum Halbjahr 2025/26 sollten dann die Klassen aus Bremke und Diemarden zusammengeführt werden!

Gegen diese Idee äußert die Schulleiterin der Grundschule Bremke, Christiane Thiery,  Bedenken:

Ich bitte darum, sorgfältig abzuwägen, wann ein guter Zeitpunkt für die Zusammenlegung ist. Lieber konservativ angehen, dass man eine Zweizügigkeit gut unterbringt. Auch die Inklusionskinder sollten wir bedenken, vor allem die kurzfristig angemeldeten aus den drei Wohngruppen. Die sind teilweise schon im Alter von sechs bis sieben Jahren belastet, die sollten wir nicht überfordern. Es ist besser die Schulen erst 2026/27 zusammenzulegen. Die Kinder sollten auch Platz haben für ihre Bedürfnisse und für die pädagogische Betreuung.“

Ausschlaggebender Faktor für die Verwaltung: Angeblicher Elternwille in Reinhausen

In der Debatte wird deutlich, dass die Gemeindeverwaltung vor allem darum bemüht ist, den angeblichen Elternwillen aus Reinhausen zu berücksichtigen.

Anmerkung

Angeblich“ deshalb, weil eine fundierte Elternbefragung nie durchgeführt wurde. Das wäre bei einer Entscheidung dieser Tragweite mehr als wünschenswert gewesen. Ein Grund mehr, warum wir dieses Bürgerbegehren auf den Weg gebracht haben.

Verwaltungsleiterin Wiegand fragt die Schulleiterin aus Diemarden, Anja Döhling, ob es zutrifft, dass die meisten Reinhäuser Eltern ihre Kinder in Diemarden einschulen wollen. Frau Döhling antwortet:

Die Eltern sagten, wenn es so oder so ist, hätten wir es gerne so,

wenn es so oder so ist, lieber so.“

Frau Wiegand hakt nach:

Aber es ist nicht falsch, dass sie überwiegend die Kinder

lieber nach Diemarden schicken wollen?“

Frau Döhling antwortet:

Nein, falsch ist das nicht.“

Anmerkung

Je nach Variante würden sich die Eltern möglicherweise anders entscheiden. Aus Sicht der Verwaltung gibt es aber bereits eine klare Tendenz in Reinhausen für Diemarden und die Verwaltung legt sehr viel Wert darauf, diesem angeblichen Elternwillen aus Reinhausen gerecht zu werden.

Freie Wähler fragen: „Muss man die Grundschule Bremke denn schließen“?

Klaus-Werner Hanelt (Freie Wähler) fragt Frau Wiegand:

Sind wir verpflichtet eine Schule aufzulösen, weil die Landesschulbehörde sonst sagt, wir müssen es tun?“

Frau Wiegand antwortet darauf:

Ich sehe es so, dass wir verpflichtet sind, allein aufgrund der Schülerzahlen.“

Auch Frau Abts von der Landesschulbehörde verweist darauf, dass es schon vergleichbare Situationen gegeben habe, in denen das Landesamt auf Schulschließungen hingewirkt habe.

Anmerkung

Auf Nachfrage in der Einwohnerfragestunde räumte Klaus Hanelt ein, dass die Freien Wähler sich noch 2021 für den Erhalt aller vier Grundschulstandorte ausgesprochen hatten.

Grüne: Zusammenlegung Bremke und Kerstlingerode? Wiegand weist das ab

Frau Wiegand schildert die Variante, ob man die Kinder aus Bremke lieber nach Diemarden oder nach Kerstlingerode schicken soll. Beides sei möglich. Zu diesem Zeitpunkt falle Kerstlingerode aus Sicht der Verwaltung aber raus für Bremke, eine Zusammenlegung mit Diemarden sei besser (eine Position, die sich später komplett ändert). Dann reicht Frau Wiegand die Frage an die Ausschussmitglieder:

Will die Politik das überhaupt? Wenn ja, soll man dann die Außenstelle Diemarden als Puffer weiternutzen und Diemarden und Bremke zusammenlegen? Und sollen die Bischhäuser ihre Kinder nach Kerstlingerode schicken?“

Ortrud Kaisinger von den Grünen stellt dazu eine Frage, die Frau Wiegand wenig zu erfreuen scheint. Denn Kaisinger beantragt, auch über die Zusammenlegung von Bremke und Kerstlingerode zu diskutieren – also genau über das, was am 18.12.2024 im Gemeinderat dann tatsächlich beschlossen wurde. Anstatt diese Anregung sachlich aufzunehmen und darauf einzugehen, wehrt Hauptamtsleiterin Wiegand das Anliegen ab und sagt:

Wenn man eine Elternbefragung machen will, brauche ich eine klare Positionierung, da muss man als Verwaltung sagen: ‚Da geht es lang, das schlagen wir vor, was sagen Sie dazu?‘“

Der Vorschlag für eine Elternbefragung lautet also: Zusammenlegung Bremke und Diemarden.

Anmerkung

Hier zeigt sich der aus unserer Sicht bereits verengte Debattenkorridor: Das Ziel ist schon vorgegeben, es geht nur noch um den Weg. Und wie bereits erwähnt, hat es keine tatsächliche Elternbefragung gegeben, mit einer ergebnisoffenen direkten Befragung – es gab lediglich drei Informationsveranstaltungen.

Ortrud Kaisinger bedauert außerdem, dass nicht schon früher über diese Fragen diskutiert wurde. 2022 hätten die Grünen einen Antrag eingebracht, ein Bildungskonzept zu erstellen.

Dabei haben wir auch die Fragen gestellt, was passiert mit Bremke, was passiert mit Kerstlingerode?“

Das sei im Ausschuss aber nicht bestätigt worden. Die Vorlage der Verwaltung, um die es heute geht, findet sie relativ eng gefasst. Es sollten aber alle beteiligt werden, das ist eine wichtige Vorgehensweise, trotz des engen Zeitkorridors. Ein Umzug zum 1.8.2026 sei besser.

CDU will wissen: „Was kostet der Erhalt von Bremke?“ – Wiegand weist Prüfauftrag ab

Die CDU Fraktion hält den Zeitpunkt der Entscheidung mindestens für ein Jahr zu früh. Wiebke Fahrenholz-Wollenweber (CDU) bittet die Verwaltung um einen Prüfauftrag:

Was kostet der Erhalt von Bremke, was der Erhalt der Außenstelle Diemarden?“

Frau Wiegand stellt sofort die Sinnhaftigkeit des Prüfauftrags in Frage, weil erstmal die Reinhäuser Eltern befragt werden müssten. Dirk Otter springt ihr bei und ergänzt, das Problem sei, die Interessen der Reinhäuser Eltern anzuhören und die wollen ihre Kinder lieber nach Diemarden schicken. „Deshalb haben wir diese Frage nicht aufgenommen“, sagt Otter.

Die CDU-Fraktion macht deutlich, dass sie aufgrund dieser Vorlage keinen Beschluss fassen kann. Dirk Otter erklärt, man könne den Beschluss jederzeit ändern. Was am Ende drin stehe, könne ganz anders sein, so sehe er das.

SPD begrüßt die Vorlage und befürwortet umstrittenen Umzug zum Schulhalbjahr

Enno Roy ist Fraktionsvorsitzender der SPD im Rat der Gemeinde Gleichen. Eigentlich kein Mitglied im Schulausschuss vertritt er bei dieser wichtigen Sitzung seinen entschuldigten SPD-Kollegen Nils Bessert. Er bedankt sich bei der Verwaltung für den Vorschlag und führt dann aus:

Unsere Position ist: Wir haben Investitionen in unglaublicher Höhe in Diemarden und Kerstlingerode, insofern ergibt sich für uns die Antwort auf die Priorisierung in dieser Diskussion. Wir haben den Anspruch: Gute Lernstandorte, inklusions- und ganztagsgerecht. Die Gemeinde kann sich vier Schulstandorte auf Dauer nicht leisten. Wir wollen Bildungszentren ohne Beziehungen von Kindern zu unterbrechen. Die SPD-Fraktion beantworten alle Fragen mit ja, ja und ja. Jetzt wollen wir einen Beteiligungsprozess mit allen, auch mit den Eltern.“

Das heißt: Die SPD hält auch einen Umzug zum Schulhalbjahr 2025/26 für machbar, obwohl in der Sitzung starke Bedenken geäußert wurden. Nicht nur von Frau Thiery, sondern auch von Anja Döhling, Schulleiterin der Grundschule Diemarden. Sie sagt, Umzüge dauern länger als nur vier Tage, das sei in den Halbjahresferien nicht zu schaffen. Frau Abts vom Landesamt für Schule und Bildung hält dagegen, dass es zu machen sei.

Enno Roy von der SPD sagt, man sollte am besten darüber entscheiden, wenn es soweit ist. Es könnte sein, dass der Zeitplan nicht zu halten ist, dass Bauverzögerungen kommen. Da stimmt auch Gemeindebürgermeister Dirk Otter (SPD) der SPD zu. Es gebe auch Verzögerungen bei der Baugenehmigung für Diemarden.

Aber wir müssen jetzt darüber diskutieren. Wenn der Rohbau im Herbst 2025 nicht fertig ist, wissen wir, dass es nicht klappt.“

Dirk Otter weist dann darauf hin, dass auch die Eltern der Kinder aus Bremke in der Lenkungsgruppe mitwirken konnten.

Enno Roy wirbt für Verständnis in Bremke:

Das ist für Bremke eine schwierige Entscheidung, einen Schulstandort aufzulösen ist immer schmerzhaft. Wie müssen die Diskussion aber heute schon führen.“

Und drängt dann den Ausschuss zur Abstimmung über die Fragen der Beschlussvorlage: 

1. Sollen die Grundschulen Bremke und Diemarden zusammengelegt werden?

2. Soll das alte Schulgebäude in Diemarden bis zum Ende des Schuljahres 25/26 als Außenstelle der Grundschule Diemarden geführt werden?

3. Soll der Schuleinzugsbereich der Gartetalschule in Kerstlingerode um die Ortschaft Bischhausen erweitert werden?

Die Abstimmung fällt höchst gespalten aus:

Ja 5

Nein 1

Enthaltung 5

Kein klares Votum!

Fazit zur Schulausschuss-Sitzung vom 3.9.2024

Bereits in dieser Aussschusssitzung drängt sich für uns der Eindruck auf, dass die Verwaltung nicht ausschließlich sachlich und neutral informiert – was ihre Aufgabe ist – sondern die Debatte in eine gewisse Richtung lenkt. Es wird aus unserer Sicht ein fragwürdiges Vorgehen der Verwaltung deutlich: Anträge der Opposition von CDU und Grünen, weitere Möglichkeiten und Fragen zu prüfen (Zusammenlegung Bremke, Kerstlingerode, Erhalt Grundschule Bremke) werden von Frau Wiegand abgewiesen. Das ist im Nachhinein vor allem deshalb erstaunlich, weil am Ende ja genau das, was die Grünen vorgeschlagen hatten – eine Zusammenlegung von Bremke und Kerstlingerode zu prüfen – auch von der Verwaltung vorgeschlagen wurde. Warum dann diese vehemente Ablehnung einer sachlichen Debatte dazu? Die SPD-geführte Verwaltung und die SPD-geführte Ausschussmehrheit ziehen hingegen an einem Strang und machen deutlich, dass zum 18.12.2024 eine Entscheidung herbeigeführt werden soll – es ist also mächtig Druck im Kessel.

Informationsveranstaltungen zur Schuldebatte

Zwei Informationsveranstaltungen setzt die Gemeindeverwaltung an für die Schuldebatte, am Ende werden es drei Veranstaltungen – denn der Gesprächsbedarf ist hoch. Zunächst werden bei den Veranstaltungen die drei Szenarien der Beschlussvorlage aus dem Schulausschuss vom 3.9.2024 diskutiert. Eine Option fehlt, die auch die CDU bereits im Schulausschuss vermisst hatte: Was ist, wenn man Bremke erhält? Die Schulleiterin der Grundschule Bremke, Christiane Thiery macht in einer Informationsveranstaltung dann den Vorschlag, ein viertes Szenario zu diskutieren: Bremke bis 2028 weiterbetreiben, bis sicher ist, dass alle Schulgebäude stehen, sich die Strukturen dort etabliert haben und ein Umzug ohne Probleme möglich ist. Ein Moratorium.

Folgende Argumente haben wir und andere in den Informationsveranstaltungen vorgebracht:

– Dass ein Generationenwechsel in der Gemeinde ansteht und junge Familien nachziehen könnten, weshalb eine Schulschließung nicht ratsam ist

– Dass die prognostizierten Schüler*innen-Zahlen oft unter den tatsächlichen Zahlen liegen

– Dass es nach der Schließung der Schule Reinhausen genau dazu gekommen war: Die Schülerzahlen waren höher, als von der Gemeinde erwartet und es zogen junge Familien nach – was seitdem zu massiven Engpässen in der Grundschule Diemarden geführt hat

– Dass man Kombiklassen bilden könnte

– Dass es sehr gewagt ist, bereits jetzt Bremke zu schließen, wenn noch gar nicht klar ist, ob und wann die Um- und Neubauten in Diemarden und Kerstlingerode bezugssicher fertiggestellt sein werden

– Dass der Schultransport nicht geklärt ist

– Dass insbesondere Ischenrode dann ziemlich abgehängt ist, wenn der Schulweg sich von zwei Kilometer auf ca. 13 Kilometer verlängert – dadurch wird das Dorf unattraktiver

– Dass Bremke durchaus weiterbetrieben werden könnte, da die Prognose für die Schüler*innen-Zahlen bis 2030 das hergibt. Das geht aus dem Szenario 4 hervor, das nach dem Vorschlag von Frau Thiery von der Verwaltung bei der dritten Informationsveranstaltung am 4.11.2024 in Reinhausen präsentiert wurde. Auf Nachfrage bestätigten Frau Wiegand und Herr Otter, dass dies möglich sei

In einem Positionspapier waren diese Bedenken und Vorschläge bereits im November 2024 formuliert worden. Aber unsere Argumente für einen Erhalt von Bremke und der Schullandschaft insgesamt wurden entweder zurückgewiesen oder nicht berücksichtigt. Die Verwaltung sagt, ohne die Schülerinnen und Schüler aus Reinhausen lässt sich Bremke nicht weiter betreiben. Kombiklassen werden abgelehnt und die Mehrheit in Reinhausen wolle die Kinder nicht mehr nach Bremke, sondern nach Diemarden schicken, heißen am Ende immer wieder die Argumente. Dabei wird auch Frau Abts vom Regionalen Landesamt für Schule und Bildung angeführt. Sie sagte bei einer Informationsveranstaltung, Kombiklassen seien rechtlich unzulässig, wenn die Klasse später mit einer anderen Schule zusammengelegt werden muss. Zitat Frau Abts:

Bei der Option 4 wurde noch nicht ausreichend beleuchtet, dass wenn es 2025 in Bremke eine Kombiklasse gibt, diese bei einem Umzug nach Diemarden nicht auseinandergerissen werden soll. Dann gäbe es dort zwei normale Klassen und eine Kombiklasse. Dieses ist pädagogisch und rechtlich nicht zulässig.“

Später hat Frau Abts diese Angaben dann korrigiert! In einem Antwortschreiben an die Gemeinde, das am 4.11.2024 bei der dritten Informationsveranstaltung in Reinhausen vorgestellt wurde, schreibt sie zu Komibklassen:

“Werden die beiden Schulen [Bremke und Diemarden] zum Februar 2026 zusammengelegt, könnte die Kombiklasse bis zum Ende des Schuljahres 2025/2026 bestehen bleiben, soweit das von der Schulgemeinschaft gewünscht wird. Am Ende des Schuljahres müssten dann spätestens die sechs Einschulungskinder auf die anderen dann 2. Klassen verteilt werden. Ebenfalls im Klassenbildungserlass ist unter 3.1 festgelegt, dass „Bei der Bildung von Parallelklassen ist darauf zu achten, dass alle Klassen eines Schuljahrgangs etwa gleich groß sind.“ Eine Kombiklasse und eine eigenständige 2. Klasse würden dieses Kriterium nicht erfüllen. Werden die beiden Schulen zum August 2026 zusammengelegt, würden die Erstklässler von August 2025 aus der Bremker Kombiklasse mit der Diemardener dann 2. Klasse in eine Klasse gehen, bzw. je nach Anzahl der Diemardener Schülerinnen und Schüler in der dann 2. Klasse in zwei Klassen aufgeteilt.”

Unabhängig von diesen Zahlenspielen liefert Frau Abts in ihrem Antwortschreiben aber auch eine mögliche Lösung, um den unterschiedlichen Elternwünschen aus Reinhausen, Bremke, Ischenrode und Bischhausen gerecht zu werden. Es geht um die Aufteilung der Schulbezirke (die entscheidende Passage ist hervorgehoben):

Verbindlich ist allein der Schulbezirk, soweit er durch eine gültige Satzung festgelegt ist. Soweit mit der Frage Schulbezirke gemeint sein sollen, muss die Satzung verfassungsrechtliche Mindeststandards (Art. 20 Abs. 3 GG) erfüllen, insbesondere muss sie hinreichend bestimmt sein und frei von Widersprüchen. Demnach müssen Schulbezirke klar abgegrenzt sein, sodass für alle Betroffenen klar ersichtlich ist, wer zu welchem Bezirk gehört. Dabei lässt § 63 Abs. 2 NSchG dem Schulträger einen großen Spielraum, sodass er z. B. überlappende (gemeinsame) Schulbezirke schaffen kann oder das gesamte Gemeindegebiet zu einem einheitlichen Schulbezirk festlegen kann. In diesem Fall hätten die Eltern das Wahlrecht, in welche GS [Grundschule] sie ihre Kinder schicken möchten.“

Fazit zu den Informationsveranstaltungen

Diese Möglichkeit – einen Schulbezirk mit Wahlrecht für die Eltern – war der entscheidende Hinweis bei den Informationsveranstaltungen, um unser Bürgerbegehren zu begründen. Mit dem Wahlrecht könnten alle Eltern in dem Schulbezirk sich die Schule aussuchen und es kämen unter dieser Voraussetzung möglicherweise sogar mehr Schülerinnen und Schüler nach Bremke als bisher – ohne dass eine Kombiklasse gebildet werden müsste. In der politischen Debatte wurde diese Möglichkeit aber nicht erörtert. Stattdessen wird bei den Veranstaltungen jedes Mal ein tiefer Graben zwischen den Anwesenden aus Reinhausen auf der einen und Bremke, Bischhausen und Ischenrode auf der anderen Seite deutlich. Ein Graben, den man kitten könnte, wenn man Wahlrecht bei der Schulwahl ermöglicht. In der Schulausschusssitzung vom 26.11.2024 wurde stattdessen das Ende der Grundschule Bremke eingeläutet.

Die Schulausschuss-Sitzung vom 26.11.2024

Nachdem eine Zusammenlegung von Bremke und Kerstlingerode am 3.9. noch nahezu ausgeschlossen wurde, hat die Gemeindeverwaltung nun genau das vor. In der Beschlussvorlage, die heute zur Abstimmung steht, wird das mit dem Für und Wider bei den Informationsveranstaltungen begründet.

Auch die Finanzlage der Gemeinde wird als Argument für eine Schließung der Grundschule Bremke angeführt – wobei die geplanten Einsparungen von 125.000 Euro im Jahr ab 2026 eher Peanuts sind. Frau Wiegand erläutert, Kerstlingerode habe die Kapazitäten dafür. Globale Katastrophen könne man zwar nicht planen, aber es gebe ausreichend Kapazitäten. Auch im Neubau in Diemarden, selbst wenn man konservativ rechne. Zweifel, ob die Flächen und die Kapazitäten für die Ganztagsbetreuung ausreichend sind, weist Frau Wiegand zurück:

Es ist ausreichend Platz vorhanden.“

Der Plan ist, den Schulbezirk Bremke zum 1.1.2025 aufzulösen und zum Schuljahr 2025/26 die Erstklässler stattdessen in Kerstlingerode einzuschulen. Dafür soll die Satzung über die Schulbezirke geändert werden. Der Schulbezirk Bremke wird Kerstlingerode zugeschlagen. Reinhausen geht dann komplett mit Diemarden zusammen.  Die verbleibenden zwei Jahrgänge mit den Bremker und Reinhäuser Kindern, die bereits in Bremke sind, sollen nach den Sommerferien 2026 in Diemarden beschult werden.

Debatte um Kombiklassen und die Erkenntnis: In Reinhausen gibt es nicht nur Gegner, sondern auch Befürworter der Grundschule Bremke

In der Grundschule Bremke ist es üblich, Kombiklassen zu bilden, wenn die Schüler*innenzahlen zu niedrig sind. Eltern aus Bremke, Bischhausen und Ischenrode finden das überwiegend gelungen, vor allem weil die Lehrkräfte aus ihrer Sicht ein funktionierendes Konzept haben. Die Verwaltung hält trotzdem nichts von Kombiklassen und Frau Wiegand erläutert:

Kombiklassen in Bremke wären von Nachteil für Erstklässler.“

Wenn etwa fünf Erstklässlern dann 15 Zweitklässler gegenüber stünden. Auch für Förderkinder gebe es da Nachteile. Da es keine Bereitschaft aus Reinhausen gebe, Kinder nach Bremke zu schicken, könne keine neue erste Klasse gebildet werden. In Bremke gebe es auch zu wenig Kinder, für eine Kombiklasse – acht müssten es sein, es seien aber nur sechs.

Anmerkung

Da keine Elternbefragung durchgeführt wurde, hatten wir das im Auftrag des Ortsrats Bremke selbst gemacht. Ergebnis: Es hätte bei genug Eltern mit Kitakindern die Bereitschaft gegeben, in Bremke einzuschulen – mehr als sechs Kinder. Die Debatte um den Schulstandort Bremke hat aber eine gewisse Unsicherheit ausgelöst, weshalb manche Eltern ihre Kinder dort nicht mehr einschulen wollten. Bei einem Bekenntnis zum Schulstandort wäre nach unserer Einschätzung eine Kombiklasse ohne Reinhäuser Kinder möglich gewesen. Aber das lehnt die Verwaltung trotz aller Pro-Argumente immer wieder ab und argumentiert, es sei besser für die Kinder – auch für die Förderkinder – in ganzer Klassenstärke eingeschult zu werden. In einer Kombiklasse könnten sie nicht gut betreut werden, weil die Lehrkräfte zu sehr damit beschäftigt seinen, die unterschiedlichen Lerngruppen zusammenzuführen. Die Praxis in Bremke zeigte mehrfach: Das stimmt so nicht! Die Lehrkräfte haben das in Bremke mit einem guten Konzept gemeistert. Die Argumentation hinkt also. Auch deshalb, weil die zu erwartenden Klassenstärken in Kerstlingerode bei 20 bis 26 Kindern liegen. Also deutlich größeren Lerngruppen als in Bremke – mit entsprechenden Nachteilen für Förderkinder, die es in größeren Lerngruppen wahrscheinlich deutlich schwerer haben, als in kleineren Lerngruppen.

Was den angeblichen Elternwillen aus Reinhausen angeht, hält diese Schulausschuss-Sitzung eine weitere Überraschung bereit: Es gibt in Reinhausen nämlich auch Eltern, mit Kindern in Bremke, die sich gegen ein vorzeitiges Ende der Bremker Grundschule aussprechen – weil man nicht weiß, ob die Schulen zeitig fertig gebaut werden und die Unterbringung der Kinder in der Zwischenzeit nicht geklärt ist. Diese Elterngruppe hatte im Vorfeld der Sitzung dazu ein Positionspapier eingebracht und für die Bildung einer starken Klasse in Bremke mit Kindern aus Reinhausen plädiert.

Es wäre also fernab aller Zahlenspiele möglich gewesen, in Bremke eine Klasse mit Kindern aus Reinhausen zu bilden – wenn die Politik die Schulbezirke entsprechend mit Wahlfreiheit zuschneiden würde und Bremke vorerst erhalten.

Anmerkung

Das Positionspapier dieser Elterngruppe aus Reinhausen ist für uns ein weiterer Beleg dafür, dass eine fundierte Elternbefragung der ganzen politischen Debatte gut getan hätte. Es ist aus unserer Sicht bedauerlich, dass die SPD-geführte Verwaltung das nicht von vornherein mit eingeplant hat. Frau Wiegand hat das bei der zweiten Informationsveranstaltung so begründet:

Diese Infoveranstaltungen entsprechen dem Beteiligungsverfahren. Deshalb wurden auch zur Info die Eltern aus den betroffenen Kitas eingeladen. Eine Abfrage bei den jetzigen Eltern ist nicht sinnvoll für eine Situation in 5 Jahren.“

CDU beklagt Kommunikation der Verwaltung und will Bremke erhalten

Guido Schönberg von der CDU-Fraktion spricht von einer wegweisenden Entscheidung für Bremke. Er lobt die Bürgerbeteiligung in den Informationsveranstaltungen, beklagt aber die mangelnde Kommunikation der Verwaltung, vor allem seit 2021:

Das hat Frust und Politikverdrossenheit ausgelöst, das wäre vermeidbar gewesen.“

Die CDU fordert, dass Bremke als gleichwertiger Schulstandort erhalten bleibt – sonst könnte ein Kapazitätsproblem drohen. Bremke könnte durch die Schulschließung auch an Attraktivität verlieren.

Durch Neubaugebiete und Zuzüge könnte sich die Einwohnerstruktur positiv verändern, von daher wäre eine Schulschließung nicht nur unvernünftig, sondern auch kurzsichtig.“

Der Elternwille müsse beachtet werden und die Eltern aus Bremke, Bischhausen und Ischenrode haben sich gegen die Schließung ausgesprochen.

“Sie spalten die Dörfer” – SPD-Fraktionsvorsitzender ungehalten gegenüber der CDU

Enno Roy, der Fraktionsvorsitzende der SPD in der Gemeinde Gleichen, nimmt abermals an der Schulausschusssitzung teil, obwohl er kein Mitglied im Schulausschuss ist. Dieses Mal vertritt er seinen SPD-Kollegen Niklas Scheele, der bei dieser entscheidenden Sitzung entschuldigt fehlt. Nachdem Schönberg die Position der CDU-Fraktion dargelegt hat, wird er von Enno Roy ziemlich harsch und lautstark angeherrscht:

Sie spalten die Dörfer!“

Anmerkung

In Bremke, Bischhausen und Ischenrode nehmen viele das anders wahr. Nicht die CDU spaltet die Dörfer, sondern die SPD:

Weil die drei Ortsräte sich gegen eine voreilige Schulschließung ausgesprochen hatten, aber diese Position von der SPD-geführten Verwaltung und der SPD-geführten Politik abgewiesen wurde. 

– Weil die SPD sich nicht an die eigenen Aussagen hält, die Gemeindebürgermeister Manfred Kuhlmann (SPD) nach der Schließung der Grundschule Reinhausen und die SPD mit den Freien Wählern 2020 im Rat gemacht hatten: Dass über Bremke erst entschieden wird, wenn die Pläne für Diemarden umgesetzt sind – also wenn der Neubau bezogen werden kann. 

Weil die SPD im Kommunalwahlkampf 2021 noch mit allen vier Schulstandorten Wahlkampf gemacht hatte. Sowohl Dirk Otter, also auch Enno Roy. Zitat aus dem Kommunalwahlkampf 2021 von Enno Roy:




“Der Antrag, Schulstandorte in der Gemeinde gleichberechtigt zu stärken und eben keinen Ausverkauf der Schulen zugunsten eines „Premiumstandortes“ zu betreiben, ist hierfür ein deutlicher Ausdruck. Wäre der Rat dem Ansatz anderer Parteien gefolgt, wäre neben einer Schließung der Schule in Bremke auch der Rückbau des Schulstandortes in Kerstlingerode auf Einzügigkeit erfolgt. Dies konnten wir verhindern.” 


https://spd-gleichen.de/uploads/spdOrtsvereinGleichen/Gleichen-Rundschau-Wahl-2021.pdf

Diese Aussage ist schlicht unwahr!

Keine im Rat vertretene Partei hat die Schließung der Schule in Bremke oder einen Rückbau der Gartetalschule gefordert. Es ist ein Beispiel für die Argumentation der SPD mit verdrehten Tatsachen. Die CDU und auch die Grünen haben sich in der Schuldebatte 2024 wiederum bemüht, einen Kompromiss zu finden, der auch die Bedürfnisse aus den kleinen Dörfern Bremke, Ischenrode und Bischhausen gegenüber den großen Dörfern Reinhausen und Diemarden berücksichtigt. Wie die Debatte aber zeigen sollte, konnte sich die SPD am Ende durchsetzen.

Weiterhin wirft Roy der CDU vor, sich nicht an die Fakten zu halten und nicht zu der von der Verwaltung genannten Lage zu äußern – gemeint ist die Finanzlage. Darauf reagiert Guido Schönberg sehr ruhig und sachlich und erklärt, im Zuge der Haushaltsberatungen werde die CDU Kürzungsvorschläge machen, um Bremke zu erhalten.

Grüne beklagen: Schulsanierung wäre vor 2020 günstiger zu haben gewesen

Es folgt eine Debatte über die Haushaltslage der Gemeinde Gleichen. Die Grünen verweisen darauf, dass man die Schulsanierungen hätte günstiger haben können. 2019 habe es ein Gutachten dazu gegeben, von Sittig und Voges. Demnach hätte damals eine Sanierung von Kerstlingerode drei Millionen Euro gekostet und von Bremke eine Million Euro. Es wäre günstiger gewesen, das damals gleich anzugehen, sagen die Grünen.

Einen Neubau in Diemarden haben wir immer unterstützt, Kerstlingerode haben wir aber kritisch gesehen, weil damit Bremke in Frage gestellt wird.“

Jetzt koste die Sanierung Kerstlingerode und der Neubau in Diemarden jeweils etwa 10 Millionen Euro. Deutlich über der Kalkulation von 2019.

Deshalb haben wir eine schwierige Lage, wir haben zu lange gewartet.“

Die Grünen sehen es außerdem kritisch, dass die Schulkinder aus Bremke 2025 auf einer Baustelle in Kerstlingerode eingeschult werden sollen. Die Grünen beantragen deshalb, bis zum 31.8. zu prüfen, ob eine Änderung der Schulbezirke notwendig ist – dabei sollen der Baufortschritt und die Schülerzahlen berücksichtigt werden. Ortrud Kaisinger betont auch nochmal, dass es sie überrascht hat, nun auch von Eltern aus Reinhausen zu hören, die für den Erhalt der Grundschule Bremke sind. Das sollte man mit berücksichtigen.

SPD-geführte Verwaltung und SPD-Fraktionsvorsitzender halten dagegen

Enno Roy von der SPD verweist darauf, dass bereits 2020 in Gelliehausen eine Aussage der SPD gab, dass Bremke keine Zukunft hat. Und Roy adressiert noch einmal die Anwesenden aus Bremke, Bischhausen und Ischenrode: Er könne verstehen, dass es schmerzt, wenn ein Schulstandort geschlossen werden müsse. Man könne Bremke aber auch nicht einfach so weiternutzen. Es gebe Kostenschätzungen zum Sanierungsbedarf. Roy kritisiert auch, dass die CDU bisher allen Entwicklungen zugestimmt habe, der Kurswechsel sei jetzt nicht nachvollziehbar. Gemeindebürgermeister Dirk Otter ergänzt, sinkende Steuereinnahmen seien der Grund dafür die Finanzen anzuschauen – nicht die Schulen.

Vor allem die Leistungen für die Kitas überreißen den Pott.“

CDU und Grüne halten an Position fest: Bremke erst einmal erhalten

Wiebke Fahrenholz-Wollenweber von der CDU-Fraktion betont, dass dieser Ausschuss der Ort für Diskussionen sei. Was die Kritik von Enno Roy betrifft, sagt sie:

Wenn ein Beschluss herbeigeführt wurde, stellen wir uns nicht mit verschränkten Armen hin, sondern arbeiten dann auch zusammen.“

Aber die CDU habe in der Schuldebatte eine andere Position gehabt. Was die aktuelle Debatte angeht: Es steht ein Generationenwechsel an. Dann zieht plötzlich eine Familie ein, dann haben wir wieder drei neue Kinder, die eingeschult werden müssen. Daher stelle die CDU den Antrag, die Grundschule Bremke zu erhalten.

Hitzige, genervte Debatte mit Drängen auf Abstimmung

Die Diskussion wird immer hitziger. Die Grünen betonen nochmals, man hätte Bremke auch 2019 sanieren können. Dann sähe das Gebäude heute anders aus. Die SPD-Strategie zum Ausbau der Gartetalschule in Kerstlingerode sei verfehlt. Die Grüne Ortrud Kaisinger betont nochmal, es habe nun ein guter Findungsprozess stattgefunden, mit großem Engagement der Ortsräte und der Eltern aber nicht von Politik und Verwaltung gut geführt. Dann wird nach einiger Verwirrung über das korrekte Vorgehen über drei Anträge abgestimmt.

Ein Antrag der Grünen, erst zum 31.8.2025 zu entscheiden, ob die Schulsatzung geändert werden kann. Der Antrag wird mit 8 Nein-Stimmen, 2 Ja-Stimmen und einer Enthaltung abgelehnt.

Es folgt die Abstimmung über die von der Verwaltung vorgelegte Beschlussvorlage. In einer sehr knappen Abstimmung mit 6 Ja-Stimmen, 4 Nein-Stimmen und einer Enthaltung wird die Vorlage angenommen.

Der Antrag der CDU, die Grundschule Bremke zu erhalten, wird damit hinfällig. Bemühungen der CDU, zuerst über den Antrag abstimmen zu lassen, werden nach Druck durch den SPD-Fraktionsvorsitzenden Enno Roy, von der Ausschussvorsitzenden in Absprache mit der Verwaltung verworfen. Argument: Wozu über einen Antrag abstimmen, der keine Mehrheit kriegt?

Die Mehrheit für die Beschlussvorlage hat die SPD nämlich längst organisiert.

Fazit nach der Schulausschuss-Sitzung vom 26.11.2024

Auch diese Schulausschuss-Sitzung war kein Glanzstück der politischen Auseinandersetzung. Bei der SPD hatten wir den Eindruck, es sollte nach alter Basta-Manier jetzt endlich die lang ersehnte Entscheidung gefällt werden. Große Fragezeichen hatten viele Betroffene aus Bremke, Bischhausen und Ischenrode wegen folgender Passage in der Beschlussvorlage:

Sollte sich im Schuljahr 2025/2026 wider Erwarten abzeichnen, dass die neue Schule in Diemarden zum Schuljahresbeginn 2026/2027 noch nicht bezugsfertig ist, wird im Herbst 2025 verwaltungsseitig ein Vorschlag für die weitere Beschulung der Kinder aus den Ortschaften Bremke, Bischhausen und Ischenrode vorgelegt, damit die Schule in Bremke nicht ‚ausblutet’“

Noch irritierender ist, dass diese Passage vor der Ratssitzung von der Verwaltung wieder gestrichen wird. Sie wird durch eine Passage ersetzt, in der es auf einmal um etwas ganz anderes geht, nämlich die Sorgen der Eltern in Reinhausen und Diemarden:

Sollte sich im Schuljahr 2025/2026 wider Erwarten abzeichnen, dass die neue Schule in Diemarden zum Schuljahresbeginn 2026/2027 noch nicht bezugsfertig ist, wird im Herbst 2025 verwaltungsseitig ein Vorschlag für die weitere Beschulung der Kinder aus den Ortschaften Diemarden und Reinhausen vorgelegt.“

Dass die Grundschule Bremke nun möglicherweise doch „ausblutet“, weil ab dem Schuljahr 2025/26 dort nicht mehr eingeschult wird, ist der Verwaltung auf einmal herzlich egal. Dass diese Passage vor der Ratssitzung ohne weitere Beratung im Ausschuss noch geändert wurde, sollte in der entscheidenden Ratssitzung noch für großen Ärger bei der Opposition sorgen.

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